Für immer ... zusammen


        Das sanfte Licht einer untergehenden Sonne beleuchtet Deine
    Züge gegen einen unbestimmbaren Hintergrund. Langsam, zögernd
    rotiere ich Dich, um jeden Aspekt Deines Körpers zu untersuchen,
    jedes Detail Deines perfekten Körpers in mir aufzunehmen.
    Perfekt ist hier eine Zusammensetzung von vielen kleinen, für sich
    genommen gewöhnlichen Einzelteilen. Aber zusammen ergeben sie etwas,
    das auf eine vollkommen andere Weise perfekt ist.

        Ich zoome heraus. Um Deine schlanke Figur zu betrachten, deine
    Proportionen gegen verschiedene Hintergründe abzuwägen. Ich
    finde, am besten siehst Du in einem Bild einer Stadt des 20ten
    Jahrhunderts namens London aus.

        Ich zoome hinein. Um in Deine Augen zu sehen. Deine Augen
    glitzern, spiegeln dann mein Bild wieder. Mein Abbild ist nicht
    mehr auf dem neuesten Stand, ich werde wohl morgen oder übermorgen
    einen neuen Scan machen lassen. Aber in diesem Moment ist es
    genau richtig, denn Deine Augen zeigen mich so, wie ich zu der
    Zeit war, als wir beisammen waren. Wir haben diesen Scan gemeinsam
    gemacht. Du hast ein Band von mir, wie ich eines von Dir habe.

        Auf immer beisammen. Ein altes Konzept, das auf eine
    verrückte Weise nun doch möglich wurde. Der alte Shakespear
    weigerte sich, 'Dich mit einem Sommertag zu vergleichen'. Nun,
    ich brauche nicht einmal Vergleiche zu verwenden, weil Du immer
    hier bei mir bist.

        Ich könnte dem System sagen, Dich zu animieren. Wir könnten
    gemeinsam leben, hier im virtuellen Raum, fuer immer und ewig.
    Aber hier lehne ich ab. Jede Simulation Deines Charakters, der
    Art wie Du Dich bewegst, die Dinge die Du sagst und tust, sie
    könnten nur Dein Andenken schmälern. Gespeicherte Erinnerung ist
    mir immer noch kostbar, nicht nur in RAM und ROM, auch NAM, der
    non-accesible memory, der im Inneren des eigenen Kopfes.

        Obwohl ich wahrscheinlich den Unterschied nicht merken könnte.

        Immer noch kann ich meine Augen nicht von Dir nehmen, kann dem
    System nicht sagen, die virtuelle Anzeige abzuschalten. Du würdest
    trotzdem bleiben, eingebrannt in meine Wahrnehmung.

        So liege ich hier in meinem Raum, feurige Tränen laufen meine
    Wangen hinab, und vermögen doch nicht ein Bild zu beeinträchtigen
    das nicht durch körperliche Augen aufgenommen wird.

        tom-10-10-95
        deutsch tom-21-10-95
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